Der erste Tag auf dem "Camino"


Der französische Jakobsweg, der "Camino francès", wird unter Pilgern nur Camino genannt. Am 8. Juni kam ich in dem Städtchen Sarría an, um von dort die letzte Etappe nach Santiago de Compostela zu laufen. Ich hatte einen höllischen Sonntag hinter mir. Am Tag davor musste ich in Burgos das Hotel um 12 Uhr verlassen. Dann verbrachte ich ersteinmal einige Zeit in der Stadt. Glücklicherweise wurde genau an diesem Tag Christi Himmelfahrt in der Stadt gefeiert, wobei riesige Figuren auf einer Prozession durch die Stadt getragen werden. Die Kommunionkinder des Jahres tragen noch einmal ihre schicken Kleider (so habe ich es mir jedenfalls zusammengereimt). Es war ziemlich heiß an dem Tag. Ich bin eine Weile durch die Stadt gelaufen, und habe mir dann eine kalte Limonade gekauft und mich an einen schönen Platz mit zahlreichen Springbrunnen gesetzt. Und dann wurde die Zeit lang. Ich sollte erst mit dem Nachtzug um 02.49 nach Sarría weiterfahren. Ich fuhr zum Bahnhof....und wartete. Dabei stellte ich das ganze Projekt "Jakobsweg II" in Frage. "Soll ich nach Hause fahren?" "Ich schaffe das doch nie", "Mein Rucksack ist viel zu schwer". Immerhin gab es auf dem Bahnhof in Burgos "Rosa de Lima" Steckdosen. Ich konnte also mein Handy und meinen mp3-Player aufladen. Ich war irgendwann allein mit den wenigen Sicherheitsleuten. Ich war müde, dreckig, verzweifelt. Und immer diese (Zwangs-)Gedanken: "Ich will nach Hause". Irgendwann telefonierte ich mit meiner Freundin, der Näherin, und sie meinte nur, dass ich doch zuhause nichts verpassen würde. Seltsamerweise ging es mir danach besser. Ich konnte fahren. Und wenn ich endlich auf dem Jakobsweg angekommen wäre, und nur noch "the yellow brick road", bzw. den gelben Pfeilen folgen musste, würde ich mich auch wieder wohl fühen. Die Zugfahrt war dann aber ein echter Albtraum. Zuerst stieg ich in den völlig falschen Wagen ein, weil es keinen Wagenstandsanzeiger gab. Dann führte mich eine Zugbegleiterin einmal durch den ganzen Zug zu meinem Sitz. Ich musste feststellen, dass ich mit einer Herde von 16-jährigen zusammenfuhr. Den Großteil der Nacht tollten sie wie junge Hunde um mich herum, machten sich auch das ein oder andere Mal lustig über mich. Ich schlief furchtbar. Doch dann kam ich gegen 9 Uhr morgens in Sarría an und sah sehr schnell die erste Muschel. Ich ließ mich von einem Einheimischen auf den Camino führen... und das erste Gewicht fiel von mir ab. Ich war da! Ich war da! Bald packte ich meine Stöcke aus...und hatte das erste Problem. Es waren sehr billige Stöcke, die man festdrehen musste, damit sie sich nicht verstellten, und ich bekam es alleine nicht hin. Doch bald kam der erste Pilger, der dieses Problem für mich löste. Dann lief ich weiter, Hügel hinauf, durch die Sonne. Mein Schlafsack baumelte gegen meine Beine. Da kam die nächste Hilfe. Ein weiterer Mitpilger gab mir den Tipp, den Schlafsack an den Gurten unter dem Rucksack zu befestigen. Tadaah. Da wäre ich alleine nicht draufgekommen. Und weiter ging es. Durch die Hitze. Gegen 15 Uhr erreichte ich eine nette Herberge und fragte, weil zwei Engländer mir das empfahlen, direkt nach einem Zimmäer. Und hatte Glück. Es gab ein ganz tolles, erfrischendes Getränk: Orangensaft, Karottensaft und Ginger Ale. Hmmm, sehr erfrischend. Bald mehr vom Camino. Eure Wortklauberin.

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